CANNABIS & G-BA BESCHLUSS

  • G-BA Beschluss: Faktenwissen und Änderungen
  • Rheuma: Cannabis als Möglichkeit einer alternativen Behandlungsform 
  • Studie: Kann sich Lebensqualität dank Cannabistherapie verbessern und wie verändern sich die kognitive Funktion nach einem Jahr Cannabismedikation?

Auswirkungen G-BA Beschluss zum  Genehmigungsvorbehalt

Sobald der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom Juli zum Genehmigungsvorbehalt im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, tritt er auch offiziell in Kraft - wir warten täglich darauf. Ärztinnen und Ärzte mit einer von 16 Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen oder 5 Zusatzbezeichnungen können demnach (unter den immer noch geltenden Voraussetzungen einer Cannabistherapie) medizinisches Cannabis zu Lasten der Krankenkasse verordnen ohne vorher einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen.

Wir haben in einem Blog-Beitrag alle wichtigen Infos zusammengefasst. Zusätzlich haben wir in einem Info-Nachmittag über die Neuerungen und ihre Auswirkungen informiert. Wenn Sie die Veranstaltung verpasst haben oder nochmal anschauen möchten, finden Sie die Aufzeichnung auf unserem YouTube-Kanal.  

INDIKATION

Cannabis bei Rheuma

Rheuma ist ein Sammelbegriff für über 100 verschiedene entzündliche Erkrankungen, die die Gelenke, das Bindegewebe, die Muskeln und manchmal auch innere Organe betreffen. Im Zentrum der Therapie der rheumatischen Erkrankung steht stets ein ganzheitlicher Ansatz, um die Schmerzen zu lindern, die Entzündung zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. In den letzten Jahren ist das Interesse an Cannabis als alternative oder ergänzende Therapie gewachsen. Doch wie effektiv ist Cannabis bei Rheuma? Welche Vorteile und Risiken bringt die Anwendung mit sich?  

 

JOURNAL CLUB

Die Grünhorn Academy berichtet jeden Monat über aktuelle Veröffentlichungen aus dem Bereich Medizinalcannabis. 

Dieses Mal stellen wir Ihnen zwei aktuelle Studien sowohl zu kurzfristigen als auch langfristigen Auswirkung der Cannabistherapie vor: zum einen im Rahmen von Untersuchungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität während der ersten drei Monate der medizinischen Cannabiseinnahme und zum anderen anhand einer Analyse der kognitiven Funktion nach einem Jahr Cannabis gebrauch.
 
 

Eine bereits dreimonatige Cannabistherapie kann alle Bereiche der Lebensqualität verbessern  

Die psychosozialen Auswirkungen von medizinischem Cannabis sind noch nicht gut erforscht. In einer prospektiven Beobachtungsstudie wurden 438 Erwachsene in Pennsylvania befragt, die von einem Arzt medizinisches Cannabis für eine der über 20 zugelassenen Erkrankungen empfohlen bekamen. Die Teilnehmenden waren im Durchschnitt 46 Jahre alt, 66 % waren Frauen. Hauptsächlich wurde Cannabis gegen Angststörungen (62 %) und starke chronische Schmerzen (54 %) verschrieben. Nach drei Monaten zeigten sich in allen Bereichen der Lebensqualität signifikante Verbesserungen. Jüngere Teilnehmende hatten größere Fortschritte, besonders bei körperlicher Funktion, Einschränkungen durch gesundheitliche Probleme und Schmerzen.

Lent MR, McCalmont TR, Short MM, Dugosh KL. Changes in health-related quality of life over the first three months of medical marijuana use. J Cannabis Res. 2024 Sep 11;6(1):36.

Ein Jahr medizinischer Cannabiskonsum zeigte keine signifikanten Auswirkungen auf die Gehirnaktivität in den Bereichen Arbeitsgedächtnis, Belohnung und Impulskontrolle

Cannabis wird zunehmend zur Behandlung medizinischer Symptome eingesetzt, aber die Auswirkungen auf die Gehirnfunktion insbesondere über einen längeren Zeitraum sind unklar. Diese aktuell publizierte Studie untersuchte, ob ein Jahr medizinischer Cannabiskonsum mit erhöhter Gehirnaktivität in Bereichen des Arbeitsgedächtnisses, der Belohnungsverarbeitung und der Impulskontrolle verbunden ist. Zwischen Juli 2017 und Juli 2020 wurden 54 Personen aus der Region Boston untersucht, die aufgrund einer Angststörung, Depression, Schmerzen oder Schlaflosigkeit Cannabis einnahmen. Bei einer Kontrollgruppe von 32 gesunden Personen wurde ebenfalls zu Beginn und nach einem Jahr die Gehirnaktivität gemessen. In allen Gruppen zeigte sich eine typische Aktivierung der getesteten kognitiven Prozesse. Es gab jedoch keine statistisch signifikanten Unterschiede in der Gehirnaktivität nach einem Jahr oder in Abhängigkeit von der Häufigkeit des Cannabiskonsums.

Burdinski DCL, Kodibagkar A, Potter K, Schuster RM, Evins AE, Ghosh SS, Gilman JM. Year-Long Cannabis Use for Medical Symptoms and Brain Activation During Cognitive Processes. JAMA Netw Open. 2024 Sep 3;7(9):e2434354 

UNTERSTÜTZUNG IM PRAXISALLTAG

Fallberichte zur Therapie mit Cannabisarzneimitteln
 
Vor einigen Wochen wurde die COPEIA Physicians Experience Platform (PEP) gestartet. Ähnlich einem Register hat sie das Ziel, die individuelle Therapie mit Cannabisarzneimitteln zu optimieren. Sie macht ärztliche Erfahrungen durch systematisch erfasste Fallberichte transparent. Der Zugang ist einfach und kostenlos per DocCheck möglich.  

Auf der Plattform ist es sowohl möglich nach Kasuistiken zu suchen und zu verglichen als auch selbst Kasuistiken zu erstellen. Diese Real-World-Evidenz kann bei der Planung von Therapien und der Erstellung patienten-individueller Behandlungspläne helfen und trägt so zur Verbesserung der medizinischen Versorgung bei. 
Schauen Sie gerne einmal rein:
Wenn Sie weitere Fragen, Anmerkungen oder Wünsche haben können Sie sich jederzeit an medical@gruenhorn.de wenden.
Dr. Nadine Herwig
Leiterin der Grünhorn Academy
Biochemikerin